Die Erklärung der BesetzerInnen der Gutenbergstraße 67

Die Erklärung der BesetzerInnen der Gutenbergstraße 67

“ Mit der Besetzung der Gutenbergstr. 67 am Abend des 21.09.2018 gelang es uns als BesetzerInnen des Hauses kurz vor der Bürgermeisterwahl ein Thema auf die Tagesordnung zu bringen, dass in Potsdam gerne beiseitegeschoben wird.“

“ Die am Tag darauf stattgefundene Demonstration mit um die Tausend TeilnehmerInnen hat eindrucksvoll gezeigt, dass es einen klaren Widerspruch zur Stadtpolitik gibt, der sich letztendlich am Wahlsonntag durch das gute Abschneiden Lutz Boedes als Oberbürgermeisterkandidat der Fraktion „Die Andere“ gezeigt hat.

Der jahrelange Ausverkauf öffentlichen Eigentums, ist genauso wenig akzeptabel, wie die unterschiedliche Behandlung kultureller Einrichtungen und das Rumtaktieren, wenn es um Prestigeprojekte, wie der Umgestaltung der Innenstadt und den Wiederaufbau der Garnisonkirchenkopie geht. Diesen Widerspruch auf der einen Seite seit Jahren abzutun und kleinzureden, und auf der anderen Seite Pleiteprojekte, wie den Wiederaufbau durch direkte und indirekte öffentliche Förderung möglich zu machen, zeigt sehr gut den Schwerpunkt der Stadtpolitik.

Inhaltlich treibt die Menschen eher die Sorge um, ob sie in einigen Jahren noch in Potsdam leben können, als eine Stadtsilhouette aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wiederherzustellen.

Wenn es um die Rekonstruktion geht, sitzt das Geld sehr locker… Das auf der anderen Seite in städtischen Betrieben z. T. keine Tariflöhne bezahlt werden, das unsere überteuerten Mieten bei der ProPotsdam und der Gewinn aus Stadteigenen Betrieben genutzt werden, um komische Träume eines Bürgermeisters und seinem Klientel zu finanzieren, macht uns mehr als wütend. Bei all diesen Projekten wird kommunales Eigentum privatisiert und z.T. mit Höchstrendite vermarktet. Wer, wie am Brauhausberg ein Grundstück für 27 Millionen Euro verkaufen will, legt fest welche soziale Gruppe dort wohnen wird. Das ist ein weiterer klarer Versuch der Vertreibung alteingesessener MieterInnen. Nebenbei weiß niemand, wer der „Investor“ ist und was er dort bauen will.

Der Höchstpreis wird in diesem Zusammenhang diskutiert, als müsse das Areal so vermarktet werden, um die Stadtwerke als Besitzer vor der drohenden Pleite zu schützen. Das angesichts dieser Argumentation ernsthaft darüber diskutiert wurde und wird, das Mercure Hotel für ca. 20 Millionen Euro zu kaufen und abzureißen, um eine Wiese anzulegen, zeigt den Wahnsinn und die Taktiererei der Stadtverwaltung und des Rathauses. Jedes Argument ist recht um die eigenen Ziele durchzusetzen.

Dass wir Hausbesetzen als Mittel der politischen Intervention nutzen, liegt auch daran, dass politische Strukturen so gestaltet werden, dass Einflussnahme fast nicht möglich ist. In den letzten Jahren hat es eine Reihe von Bürgerbeteiligungs- und Werkstattverfahren gegeben, bei denen offensichtlich war, dass das Ergebnis im Vorhinein schon feststand. Dabei werden gutbezahlte Verwaltungsprofis gegen BürgerInis und Proteste in Stellung gebracht, deren Mitglieder unbezahlt neben ihrer Arbeit und oft Familie Zeit aufbringen, um sich einzumischen. Im Ergebnis bleiben diese Verfahren allesamt nur Alibiveranstaltungen für die Linie der Stadtpolitik. Als Beispiel stand im Werkstattverfahren zum Rechenzentrum nie zur Debatte, das Haus nicht abzureißen, obwohl es die nahe liegendste Variante wäre, auch wollte aus Jakobs Umfeld nie jemand darüber diskutieren, ob der Bau des Garnisonkirchenturms angesichts des Widerstands gestoppt werden müsse. usw. usw

Unsere Mittel bleiben Demonstrationen, Besuche bei Prestigeveranstaltungen und Besetzungen. Unser Widerspruch würde sonst untergehen und wir haben nebenbei keine Lust uns in Laberforen und Alibigremien an einer Stadtpolitik abzuarbeiten, die wir komplett ablehnen. Wir wissen, dass diese Ablehnung der Stadtpolitik in der Bevölkerung präsent ist, verschiedene Bürgerbegehren haben das deutlich gezeigt. Wir gehören nicht zum reicheren Teil der Stadtgesellschaft und wenn wir es objektiv zu betrachten versuchen, entspricht der Ausverkauf des öffentlichen Eigentums nicht unserem Interesse, denn es wird etwas privatisiert, um Mieten möglich zu machen, die wir uns nicht leisten werden können. Mit dem Gewinn soll u.A. eine Kirchenkopie wiederaufgebaut werden, die geschichtlich so eindeutig erzkonservativ, militaristisch und nationalsozialistisch geprägt ist, dass wir das als AntifaschistInnen nur ablehnen können.

Statt das städtische Eigentum zu verzocken und Fantasieprojekte durchzudrücken, sollte der städtische Wohnungsbestand genutzt werden, um die Mieten auf realistisches Niveau zu drücken. Statt Häuser und Grundstücke an immer dieselben Immobilienhaie zu verkaufen, müssen in Zukunft MieterInnen oder Genossenschaften bevorzugt werden. Anstatt den Brauhausberg und jede Einflussnahme an den nächsten Investoren abzugeben, sollte die Gewoba dazu verpflichtet werden dort ein lebendiges Viertel mit bezahlbaren Mieten zu errichten. Das Minsk können wir uns dort sehr gut als Stadtteilzentrum und Kindergarten vorstellen. Die Stadt muss den Bedürfnissen der sie bewohnenden Menschen nachkommen und öffentliche Räume zur Verfügung stellen, anstatt immer wieder leere Versprechungen zu machen, wie beispielsweise nach der Schließung der Skatehalle, den mehrmaligen Zugeständnissen für Proberäume, etc. und allen voran, der zuletzt im Rahmen der Wahl zum neuen Stadtoberhaupt plötzlich viel propagierten ‚Stadt für alle‘.

Wir sind nicht aus der Welt! Wir werden die evtl. anstehenden Prozesse wegen der Besetzung nutzen, um der Stadtpolitik weiter auf den Füßen rumzustehen. Auch das Besetzen sehen wir als adäquates Mittel um in den neoliberalen Ausverkauf zu intervenieren und Räume zu schaffen, in denen wir ergebnisoffen mit allen die es wollen Alternativen diskutieren und schaffen. Wir möchten zuletzt noch allen UnterstützerInnen Vorort und den so zahlreich erschienenen TeilnehmerInnen der Demo Danke sagen für ihr Engagement und ihre Solidarität. “

GEGEN DEN WEITEREN AUSVERKAUF DER STADT!

SOFORTIGER STOPP DER PRIVATISIERUNG ÖFFENTLICHEN EIGENTUMS!

WIR WERDEN UNS NEHMEN WAS UNS ALLEN GEHÖRT!

ANTIKAPITALISTISCHE FREIRÄUME ERKÄMPFEN!

 

This entry was posted in Lokales, Veranstaltungen, zugeschickte Texte. Bookmark the permalink.